EIN STUFENPLAN FÜR IHR KNIEGELENK

Es hat sich bewährt, in der Behandlung der Kniearthrose einen Stufenplan zu verfolgen. Nur die individuell abgestimmte Kombination von verschiedenen Behandlungsansätzen führt zum Erfolg. Dies setzt eine umfassende Kenntnis sämtlicher konservativer und operativer Therapieoptionen sowie präventiver Maßnahmen voraus. Im Gegensatz zu konservativen kann man mit operativen Maßnahmen einen Gelenksknorpeldefekt partiell oder vollständig decken, sei es durch Regeneration, Transplantation oder Refixierung wie z.B. bei der Osteochondrosis dissecans.

 

Eine Vielzahl osteochondraler Defekte kann mittels knochenmarksstimulierender Techniken behandelt werden. Ihr Prinzip beruht darauf, dass es durch die operative Eröffnung des knöchernen Markraumes zu einer Einblutung in den Knorpeldefekt kommt. Anschließend bildet sich ein fibröses Knorpelregeneratgewebe (Faserknorpel). Verschiedene Wachstumsfaktoren und Enzyme werden als Auslöser für diesen Vorgang angesehen. Früher konnte diese Technik nur mittels Pridie-Bohrung durchgeführt werden.

Die subchondrale Platte (Knorpel-Knochen-Grenze) wurde mittels K-Draht arthroskopisch und/ oder bildwandlerunterstützt perforiert. Nachteile waren die mangelhafte Steuerung der Eindringtiefe sowie gelegentliche Hitzenekrosen oder die versehentliche Schädigung der Knorpeloberfläche. Diese Probleme können heutzutage mittels Mikrofrakturierung verhindert werden.

Nachdem der Defekt mit speziellen Instrumenten debridiert ist, wird er mit dosierten Hammerschlägen mittels Metallahlen („chondropicks“) bis zu einer Tiefe von zirka 4 - 5 mm perforiert. Das austretende Blut schließt den Defekt.

Um einen festen Übergang des Knorpel Regeneratgewebes zum umgebenden gesunden Knorpel zu erreichen, sind Perforationen auch in der Defektperipherie notwendig. Die Nachbehandlung richtet sich nach der Größe des Defektes.

Es kann bis zu einem Jahr dauern, bis die Geweberegeneration abgeschlossen ist. Deshalb sollte die Indikation zu einer eventuell notwendigen Folgeoperation nicht innerhalb dieser Frist gestellt werden. Ein innovatives biologisches Verfahren zur Behandlung von Knorpelschäden stellt die sogenannte „autologe Matrix-induzierte Chondrogenese (AMIC)“ dar:

Dieses Verfahren macht sich die Selbstheilungskräfte des Körpers zunutze und ist besonders geeignet, um größere Knorpelschäden (> 2 cm²) zu behandeln, welche für die alleinige Mikrofrakturierung ungeeignet erscheinen.

Nach Beendigung der Arthroskopie wird das Knie in derselben Narkose operativ eröffnet. Das degenerative Restknorpelgewebe wird mittels Cürette abgetragen, um glatte Defektränder zu schaffen. Nach Durchführung der Mikrofrakturierung wird eine Kollagenmatrix (Vlies) zugeschnitten, in den Knorpeldefekt eingebracht und mittels Pin oder Fibrinkleber fixiert. Die körpereigenen Stammzellen wandern in die Matrix ein, welche somit verhindert, dass diese in den Gelenksraum gelangen. Sie werden im Vlies, wie in einer biologischen Kammer, gebunden und durch Wachstumsfaktoren stimuliert, damit sie sich in ein hyalinartiges Knorpelgewebe umwandeln können. Es handelt sich um eine einfache, unkomplizierte und risikoarme OP-Technik, bei der eine Kultivierung von Knorpelzellen nicht erforderlich ist. Über fünf Jahre klinische Erfahrung zeigen eine deutliche Schmerzreduktion und Verbesserung der Gelenksfunktion und eine hohe Patientenzufriedenheit.

ACT (Autologe Knorpelzell-transplantation)

Vor allem am Knie- und am Sprunggelenk konnte mit dieser Technik die entscheidende Lücke im Stufenplan der Behandlung von Knorpeldefekten geschlossen werden. Die Knorpelzellzüchtung geht auf Mats Brittberg (1994) zurück, internationale Ergebnisse verweisen auf eine Erfolgsquote von zirka 85 Prozent. Neuere deutsche Studien zeigen, dass diese Methode neben isolierten auch bei großflächigen Knorpeldefekten erfolgreich angewandt werden kann. Das Prinzip ist einfach: Autologe (körpereigene) Knorpelzellen werden im Rahmen einer Arthroskopie gewonnen, in einem Speziallabor isoliert und gezüchtet. Sie werden anschließend in eine dreidimensionale Trägermatrix (Vlies) eingebracht. In einem Zweiteingriff wird dieses Vlies, in welchem die Knorpelzellen millionenfach gleichmäßig verteilt sind, durch eine Miniarthrotomie in den Knorpeldefekt transplantiert mit dem Ziel der Regeneration des eigenen Gelenksknopels. Ich führe sämtliche Eingriffe in enger Zusammenarbeit mit Professor Dr. Christoph Erggelet durch, einem der erfahrensten Chirurgen im deutschsprachigen Raum. Er hat in Freiburg und Zürich eine Vielzahl solcher Eingriffe erfolgreich durchgeführt. Die Nachbehandlung ist frühfunktionell mit sofortiger Mobilisierung des Beines auf einer Motorschiene, wobei der Bewegungsumfang nicht limitiert ist. Das Knie wird für zirka sechs Wochen unter Sohlenkontakt entlastet, anfänglich mit zwei, dann mit einer Krücke. Die Wiederaufnahme sportlicher Tätigkeit sollte frühestens nach drei Monaten erfolgen. Mit dem vollständigen Abschluss des Knorpelregenerationsprozesses kann nach zirka zwölf Monaten gerechnet werden.

Kniegelenksersatz

Prinzipiell kann heute der Kniegelenksersatz minimalinvasiv durchgeführt werden. In der überwiegenden Anzahl von Fällen ist ein Oberflächenersatz mittels Halb- oder Doppelschlitten möglich. Die OP-Planung kann heutzutage präoperativ mittels Kernspin optimiert werden (Vorabnavigation). Sämtliche OP-relevanten Patientendaten werden MRT-technisch unter optimaler Einstellung der Beinachsen und Rotation der Implantatkomponenten vermessen. Diese individuelle Vorgangsweise bringt für den Patienten deutliche Vorteile (geringerer Blutverlust, verkürzte OP-Zeiten).

Knieendoprothetik

Ein weiterer Meilenstein in der modernen Knieendoprothetik ist das so genannte “High-Flex-Knie” welches eine bessere Beweglichkeit – Beugung über 120 Grad – ermöglicht. An meiner Abteilung kommt ausschließlich das “Nex Gen Knie” der Firma Zimmer zur Anwendung, welches hinsichtlich Haltbarkeit in sämtlichen Protheseregistern Europas und der USA führend ist. Eine Sondervariante des “High Flex Knies” ist das sogenanntes “Genderknee” oder “Frauenknie”.

Dieses Implantat ist speziell dem weiblichen Knochenbau angepasst.

Es berücksichtigt die anatomischen Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Knie und sorgt somit für einen besseren Implantatsitz und eine bessere Funktion vor allem im Patellofemoralgelenk.

Im Falle einer isolierten Arthrose oder eines signifikanten Knorpeldefektes in einem der drei Kniecompartments ist heute ein Arthrosurfacing mittels „Hemicap“ möglich. Mittels dieses relativ neuen Verfahrens kann die Kongruenz der natürlichen Gelenkflächen wiederhergestellt werden. Vor allem im Patellofemoralgelenk ist eine dauerhafte Rekonstruktion der Gelenksstrukturen möglich, indem die Geometrie der Kniescheibe und des Gleitlagers wiederhergestellt wird. Diese Methode kommt vor allem dann zum Zuge, wenn der uni– oder bicondyläre Gleitflächenersatz vom Patienten abgelehnt wird und alle bisherigen konservativen und biologischen Methoden nicht den gewünschten Behandlungserfolg gebracht haben.

Wann benötigen Sie ein künstliches Kniegelenk?

Das ist eine Frage, die Sie zusammen mit mir beantworten müssen. Wenn die Knieschmerzen so stark sind, dass sie Ihre Lebensqualität und Ihren Alltag beeinträchtigen, ist dies sicherlich ein geeigneter Zeitpunkt.

Eine Knieprothese kann eine Option sein, wenn nicht-operative Maßnahmen wie Medikation, Physiotherapie und die Verwendung eines Gehstocks oder anderer Gehhilfen keine Schmerzlinderung mehr bringen. Zu den weiteren möglichen Anzeichen gehören: Gelenkschmerzen, gefolgt von Episoden relativer Linderung; Schmerzen nach übermäßiger Beanspruchung, Mobilitätsverlust, Gelenksteifigkeit nach Inaktivitäts- oder Ruhephasen und/oder Schmerzen, die bei feuchtem Wetter stärker zu werden scheinen.

Ihr Hausarzt kann Sie an einen orthopädischen Chirurgen überweisen, der Ihnen hilft, den Zeitpunkt und die am besten geeignete Art der Knieoperation zu bestimmen. Ihr Chirurg kann entscheiden, dass ein Kniegelenkersatz in Ihrem Fall nicht angemessen ist, falls Sie eine Infektion oder nicht genügend Knochensubstanz haben oder wenn der Knochen nicht stark genug ist, um ein künstliches Knie tragen zu können.

Ärzte versuchen in der Regel, einen Kniegelenkersatz so weit wie möglich hinauszuzögern und weniger invasive Verfahren einzusetzen. Wenn Sie jedoch an einer fortgeschrittenen Gelenkserkrankung leiden, kann Ihnen ein Kniegelenkersatz Schmerzlinderung bringen und Ihnen wieder ein normales Leben ermöglichen.

Wie häufig werden Knieprothesen eingesetzt?

Kniegelenkersatz zählt zu Routineoperationen, die weltweit jährlich bei mehr als 600.000 Menschen durchgeführt werden. Mehr als 90 % aller Menschen, die sich einer Kniegelenkersatzoperation unterzogen haben, erfahren eine Verbesserung ihrer Knieschmerzen und -funktion.

Wie erfolgt die Erstellung der Diagnose?

Für die Diagnose führt ein orthopädischer Chirurg eine gründliche Untersuchung Ihres Knies, Röntgenaufnahmen und körperliche Tests durch. Sie werden gebeten, Ihre Schmerzen zu beschreiben und anzugeben, ob Sie an weiteren Gelenkschmerzen leiden und ob Sie Verletzungen erlitten haben, die den aktuellen Zustand Ihres Knies beeinträchtigen. Es kann nützlich sein, ein Tagebuch zu Ihren Knieschmerzen zu führen und dieses mit Ihrem Arzt zu besprechen. Ihr Kniegelenk wird daraufhin anhand einer Reihe von Aktivitäten auf Stärke und Bewegungsumfang getestet. Röntgenaufnahmen Ihres Kniegelenks zeigen Änderungen der Größe oder Form oder ungewöhnliche Zustände an.

Anzeichen dafür, dass der richtige Zeitpunkt für einen Kniegelenkersatz gekommen ist:
  • Ihre Schmerzen verschwinden nicht oder treten regelmäßig auf.
  • Ihr Knie schmerzt während und nach körperlicher Belastung.
  • Sie sind nicht mehr so beweglich, wie Sie es gerne wären.
  • Medikamente und Gehhilfen bringen keine ausreichende Schmerzlinderung.
  • Ihr Knie versteift sich, wenn Sie im Auto oder Kino sitzen.
  • Sie haben bei regnerischem Wetter Schmerzen.
  • Die Schmerzen rauben Ihnen Ihren Schlaf.
  • Sie bemerken eine Einschränkung der Kniebeweglichkeit oder des Grads, bis zu welchem Sie Ihr Knie beugen können.
  • Ihre Knie sind steif oder geschwollen.
  • Das Gehen oder Treppensteigen fällt Ihnen schwer.
  • Sie haben Probleme, sich auf Stühle hinzusetzen und wieder aufzustehen oder in die Badewanne hineinzusteigen
  • Sie leiden an Morgensteifigkeit, die in der Regel weniger als 30 Minuten anhält (im Gegensatz zur Steifigkeit, die mehr als 45 Minuten anhält, welche meist ein Zeichen für eine entzündliche Erkrankung namens rheumatoider Arthritis ist).
  • Sie verspüren ein „Knirschen“ Ihres Gelenks.
  • Sie hatten eine Verletzung am vorderen Kreuzband Ihres Knies.
Literaturverzeichnis:

Consensus Statement on total knee replacement. NIH Consens State Sci Statements. 08. – 10. Dez.; 20(1): 1-34